Pressemitteilung: Church and Peace warnt vor Ausweitung des EU-Instruments für Stabilität und Sicherheit auf militärische Unterstützung von Drittstaaten

Church and Peace ist der ökumenische Zusammenschluss von Friedenskirchen und friedenskirchlich orientierten Gemeinden, Kommunitäten und Friedensorganisationen in Europa.

Europäisches Friedensnetzwerk Church and Peace warnt vor Ausweitung des EU-Instruments für Stabilität und Sicherheit auf militärische Unterstützung von Drittstaaten

(Schöffengrund, 12. Oktober 2016) „Der Vorschlag der EU-Kommission, das Instrument für Stabilität und Frieden um das Ziel der Stärkung militärischer Kapazitäten in Drittländern zu erweitern, darf nicht umgesetzt werden“, so der Vorstand des Netzwerks Church and Peace.

„Angesichts der Fülle von Aufgaben im Bereich ziviler Friedensarbeit ist der Vorschlag der EU-Kommission inakzeptabel, aus einem politisch mühsam errungenen und sehr begrenzten zivilen Budget in Zukunft militärische Ertüchtigung zu finanzieren. Die 100 Millionen EUR, die die Europäische Kommission in den nächsten vier Jahren dafür ausgeben will, sollen zudem höchstwahrscheinlich aus dem Entwicklungsinstrument (DCI) entnommen werden“, stellt Antje Heider-Rottwilm, Vorsitzende von Church and Peace, fest.

„Dieser Vorschlag ist so allgemein und allumfassend formuliert, dass er nicht dazu geeignet ist, Instabilität, Konflikte und andere Fluchtursachen zu bekämpfen, sondern er hat im Gegenteil das Potential, geächtete Regimes und ihre Armeen und Milizen zu stärken“, warnt Church and Peace. „Außerdem ist die Erweiterung des Stabilitätsinstruments eine Hintertür für den Einstieg in einen EU-Verteidigungshaushalt.“

Zwar sind laut Kommission Munition und Waffen ausgeschlossen, doch sind die Leistungen dermaßen weit gefasst, dass die EU damit zum Exporteur von Militärgütern und Dienstleistungen, z.B. für den Bau von Militärbasen, die Bereitstellung von Kommunikationssystemen und aktuellen Lagebildern werden würde - Maßnahmen, die ebenso kriegsentscheidend sind wie tödliche Waffen.

„Diese Politik ist ganz im Geiste dessen, was die deutsche Verteidigungsministerin seit Jahren unter nationaler militärischer Ertüchtigungsinitiative vorantreibt. Wir sind entsetzt darüber, dass sich dieser Ansatz nun auch in der Globalen Strategie der EU wiederfindet, die die Außenbeauftragte Mogherini Ende Juni 2016 vorgelegt hat. Wir kritisieren die darin enthaltene Idee, dass Entwicklungspolitik flexibler werden müsse und an unsere strategischen Prioritäten anzupassen sei (s. Pressemeldung von Church and Peace zur Globalen Strategie der EU vom 1.7.2016).

Wir warnen eindrücklich vor einem solch tiefgreifenden Paradigmenwechsel. Dieser Vorschlag ist ein weiterer Schritt dahin, dass Gelder für Friedensarbeit und Entwicklungshilfe zunehmend für andere Zielsetzungen wie den Aufbau militärischer Fähigkeiten oder Migrationskontrolle instrumentalisiert werden.
Eine Außenpolitik, die von good governance, sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung redet, wird dadurch unglaubwürdig und die militärische Abschreckung von Flüchtlingen ersetzt die Bekämpfung der Ursachen von bewaffneten Konflikten.“

Hintergrund:
Das Instrument für Stabilität und Frieden (IcSP) wurde 2007 und 2014 deswegen geschaffen bzw. überarbeitet, weil der EU ein Instrument fehlte, welches die Lücke zwischen Sicherheits- und Entwicklungspolitik mit einem zivilen Ansatz zu füllen vermochte. Es basiert rechtlich auf den Artikeln des Lissabon-Vertrags zur Entwicklungshilfe (Art. 209 VFEU) und technischen Zusammenarbeit (Art. 2012 VFEU), d.h. alle Maßnahmen müssen Entwicklungsziele verfolgen. Das Budget von 2,3 Mrd. EUR für 2014-2018 dient sowohl dafür, die EU-Politik in den Bereichen schnelle Krisenreaktion mit zivilen Mitteln, insbesondere Unterstützung humanitärer Maßnahmen zu stärken, wie für Zivile Konfliktverhütung und Friedenskonsolidierung durch Unterstützung der UN und Kapazitätsbildung zivilgesellschaftlicher Initiativen, darunter insbesondere Mediation, Dialog und Unterstützung von Aussöhnungsprozessen. Des weiteren auch für die Vorbereitung von Polizisten auf internationale Polizeimissionen oder die Demobilisierung und Reintegration ehemaliger Kämpfer, auch Kindersoldaten. IcSP ist das einzige Haushaltsinstrument für zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung.
Eine Ausweitung auf militärische Zielsetzungen ist laut Einschätzung diverser EU-Rechtsdienste illegal; es zerstört zudem den besonderen zivilen Charakter und droht, ihn zu dominieren bzw. auszulöschen.

Kontakt:

OKRin i.R. Antje Heider-Rottwilm: +49 172 5162 799
Internationale Geschäftsstelle Ringstr. 14 D-35641 Schöffengrund Tel: +49 (0)6445 - 5588, Fax: - 5070
E-mail: intloffice [aet] church-and-peace.org www.church-and-peace.org
KD Bank IBAN DE33 3506 0190 1014 3800 15 BIC GENODED1DKD