Auch der Friedenskreis Halle hat mitgezeichnet: "Berliner Erklärung in Verteidigung der Migrationsgesellschaft"

"Berliner Erklärung in Verteidigung der Migrationsgesellschaft"

 

11. Oktober 2023

Mit zunehmender Fassungslosigkeit verfolgen wir die anhaltende Infragestellung des Rechts auf Asyl in den letzten Wochen und Monaten. Die pauschale Diffamierung von Schutzsuchenden hat die Grenze zur Menschenverachtung überschritten. Nun gilt es, in Verteidigung der Migrationsgesellschaft aufzustehen und zu widersprechen.

Die Forderungen nach der massenhaften Internierung von Schutzsuchenden an den europäischen Außengrenzen, nach der Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Europa, einer Arbeitspflicht für Asylsuchende, der Einführung von Sachleistungen für Geflüchtete und nach verschärften Abschiebungen wiederholen nicht nur die migrationspolitischen Fehler der Vergangenheit. Sie sind in erster Linie ein Angriff auf die Einwanderungsgesellschaften in Europa. Ein Angriff auf die Weise, in der wir längst zusammenleben und in der wir auch weiter zusammenleben wollen.

Bei diesem Angriff geht es nicht um vorgeblich notwendige Maßnahmen zur Begrenzung der Fluchtmigration nach Europa. Dies ist mit den vorgeschlagenen Verschärfungen nicht zu erreichen. Es geht auch nur vorgeblich darum, die Kommunen zu entlasten. Tatsächlich werden Mittel für Bildung, Soziales, Kultur, Gesundheit, Armutsbekämpfung und die Rechte von Frauen gekürzt. Die permanente und immer perfidere, weil faktenfreie Skandalisierung der Migration drängt dagegen fortwährend Menschen aus unserer gemeinsamen Welt heraus. Eine Skandalisierung, die auch die Geschichte der Migration verleugnet und die Menschen, die hier längst ihr Zuhause gefunden haben, unsichtbar macht.

Geschürt wird so der Wunsch, die Welt nicht mit anderen teilen zu müssen, und die Bereitschaft, dies auch mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen. Geschürt werden Diskurse und Praktiken der Spaltung, die unterscheiden zwischen ›Menschen wie uns‹ und anderen, deren Recht auf Leben und Zugehörigkeit missachtet werden kann. Geschürt wird die Illusion, Demokratie könne die Menschenrechte für einige aussetzen und trotzdem funktionieren.

Aus diesem Grund sagen wir klar und deutlich: Migration ist nicht das Problem. Das Problem ist nicht, dass wir in einer Einwanderungsgesellschaft leben. Migration hat eine Geschichte, eine Gegenwart und eine Zukunft. Welche Familie in Deutschland, in Europa ist ohne Migrationsgeschichte? Menschen wandern. Sie machen sich auf und entziehen sich Verhältnissen, die sie ermüden, die ihre Kräfte und ihre Phantasie erschöpfen, die töten. Menschen setzen sich in Bewegung, in der Hoffnung, etwas Besseres zu finden als das, was sie zurücklassen müssen.

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Initiiert durch Transforming Solidarities auf der Konferenz Solidarität in der Migrationsgesellschaft.

 

Die Erklärung kann hier unterzeichnet werden:

https://transsol.net/sign

Die Erklärung kann hier in einer gekürzten Druckfassung (A4, PDF) heruntergeladen werden:

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