Pressemitteilung: Talkrunde in Bad Boll: „Es war die richtige Zeit für ein Friedens-Papier der EKD“

Im November hat die EKD-Synode in Dresden nach einem zweijährigen Konsultationsprozess die Kundgebung „Kirche auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens“ verabschiedet. Wie wird dies von der Öffentlichkeit wahrgenommen, wie wird darauf reagiert, welche Folgen hat dies für Politik und Gesellschaft? Fragen, denen eine Talkrunde in der Evangelischen Akademie in Bad Boll nachging.

Für den SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Nils Schmid war die Sache klar: „Diese Kundgebung findet ganz sicher eine große Resonanz in der Politik.“ Und Professor Uli Jäger von der Berghof Foundation fügte hinzu: „Die Friedens-Kundgebung von Dresden bietet einen reichhaltigen Schatz.“ Doch er gab gleich auch zu bedenken: „Es wird nun wichtig sein, wie man es schafft, dass die Menschen dieses Papier auch lesen.“

Hierbei spielen gerade auch die Medien eine nicht unbedeutende Rolle. Doch von deren Seite gab es in dieser Frage deutliche Skepsis: „Das EKD-Papier ist reichhaltig, doch es sei schwierig, angesichts der Komplexität und der vielen Themen, die hier angesprochen werden, dies alles medial in einem kurzen Radiobericht zu transportieren, obwohl es dies sicher verdient hätte“, meinte Silke Arning vom SWR-Hörfunk. Das sei für Journalisten durchaus auch eine Herausforderung.

Bilder transportieren, aber auch Dialog-Räume eröffnen, das wäre wichtig, um diese Kundgebung nun auch in den gesellschaftlichen Diskurs zu transportieren, waren sich dabei die Journalistin und Uli Jäger einig. „Dieses Papier ist solide, aber es wagt auch nichts, es sucht auch keine große Auseinandersetzung“, bedauerte Silke Arning. Dabei hätte die Kirche hier durchaus ein großes Potenzial: „Nehmen wir das Projekt Seenotrettung im Mittelmeer. Hier ist die Kirche mit ihrem Einsatz mit einem eigenen Schiff glaubwürdig und sichtbar“, so die SWR-Redakteurin. Das gelinge in der Kundgebung nicht in vergleichbarer Weise, meinte Arning.

Kirche müsse lernen, Dialoge zu starten, ohne belehrend zu sein, betonte dabei der Friedenspädagoge Jäger. Nach der Verabschiedung der Kundgebung sei es nun wichtig, in einem nächsten Schritt die guten Ansätze aus dem Papier nun auch zu vertiefen, Geschichten von der Erfahrung mit Gewalt, aber auch Gewaltfreiheit zu erzählen. „Dann hat die Kundgebung eine Chance, auch Orientierung für wichtige Entscheidungen in der Politik zu werden“, war er überzeugt.

Doch hier gab es gleich auch eine Warnung von Seiten des Politikers. „Kirche muss sich dabei durchaus auch entscheiden, ob sie in erster Linie Zeugnis ablegen oder ob sie politische Prozesse in Gang setzen will“, machte Nils Schmid deutlich. Hehre Glaubenssätze seien durchaus richtig, räumte er ein. Doch Politik müsse, beispielsweise bei der Frage nach einem Atomwaffenverbot auch die dafür nötigen Prozesse und Schritte im Blick behalten, da reiche nicht eine einfache Forderung nach einem sofortigen Abzug oder einer Unterschrift unter den Atomwaffenverbotsvertrag, gab er zu bedenken. Gleiches gälte bei Rüstungsexporten oder anderen ethisch strittigen Fragen. Doch wenn die Kirche hier Diskussionen und Debatten wieder anstoße, die nicht mehr oder noch nicht auf der Tagesordnung stünden, und dabei gangbare Wege aufzeige, dann sei die Politik sicher froh, wenn sie die EKD an ihrer Seite habe, so Schmid.

Die Kirche werde immer wieder mit der Gratwanderung zwischen prophetischem Handeln und einem vermeintlichen politischen Realismus konfrontiert, entgegnete darauf Renke Brahms, der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Aber hier dürfe sich die Kirche nicht gefangen nehmen lassen von angeblichen Sachzwängen, sondern müsse auch klare Ziele benennen, warnte er. „Und hier werden wir auch nicht lockerlassen“, machte Brahms deutlich.

Er sei froh, dass von vielen in der Gesellschaft wahrgenommen werde, dass die EKD mit ihrer Kundgebung auf neue friedenspolitische Herausforderungen reagiert habe, die in der EKD-Friedensdenkschrift von 2007 noch keine Rolle spielten. „Und wir haben auch Bilder und Geschichten, die dies transportieren können. Das müssen wir mehr tun, das ist noch eine Herausforderung für uns“, räumte er ein. Aber Kirche habe bereits erfolgreich Dialogräume geschaffen, so bei der Flüchtlingsdebatte oder nun auch bei Fragen nach Hate Speech oder Fake News. „Hier haben wir in der Kundgebung viele Anknüpfungspunkte“, war der EKD-Friedensbeauftragte überzeugt.

Die Kirche nehme dabei auch Kritikpunkte aus der Gesellschaft auf, meinte er zu Nils Schmid und Uli Jäger. Die beiden hatten vorher kritisiert, dass Themen wie China oder das Friedenspotenzial von Religionen nur am Rande eine Rolle spielen würden. Und auch Silke Arning hatte bedauert, dass Fragen wie Armut in der Gesellschaft, soziale Probleme und die Folgen der Globalisierung kaum zur Sprache gekommen seien. „Solche Aspekte werden in der künftigen Friedensarbeit ganz sicher einen wichtigen Platz haben“, machte Brahms deutlich.

Und für Wolfgang Prawitz aus Rüsselsheim von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, einen der EKD-Synodalen, die an der Tagung der Konferenz für Friedensarbeit in Bad Boll teilnahmen und über die künftige Arbeit mit der Konsultation diskutierten, war eins auf jeden Fall wichtig: „Ich bin überzeugter denn je, dass es an der Zeit war, dass die EKD angesichts der vielen Veränderungen in der Welt ein solches Friedenspapier verabschiedet hat. Und ich hoffe, dass für die Kirche, aber auch die Gesellschaft dieses Papier eine Grundlage bildet, mit der nun auch konkret weitergearbeitet werden kann.“

(Auf dem Foto von links: Silke Arning, Uli Jäger, Moderator Mauricio Salazar von der Akademie Bad Boll, Nils Schmid und Renke Brahms.)

Dieter Junker
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