Pressemitteilung der AGDF: Nach Halle sind Zivilgesellschaft und Politik gefordert

Friedensverband erwartet eine breit angelegte Förderung demokratischer Partizipation und gesellschaftlicher Konfliktbearbeitung

Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) fordert nach dem rechtsextremen Anschlag auf die jüdische Synagoge in Halle eine breit angelegte Förderung von demokratischer Partizipation und gesellschaftlicher Konfliktbearbeitung. „Damit unser Zusammenleben nicht durch noch mehr Gewalt gefährdet wird, brauchen wir eine aktive Demokratie und eine breit verankerte konstruktive Konfliktkultur, um angemessen und wirksam auf die gesellschaftlichen Konflikte reagieren zu können“, betont Jan Gildemeister, der Geschäftsführer der AGDF.

Nach Ansicht des Friedensverbandes ist nun eine Stärkung der Demokratie beispielsweise durch politische Bildung, die alle gesellschaftlichen Gruppen, egal welchen Alters, welcher Schicht, welcher Bildung, Religion oder Herkunft, einbezieht. „Wichtig ist hier ein Empowerment für alle ausgegrenzten oder angefeindeten Minderheiten, aber auch für sozial Benachteiligte, um ihnen eine aktive Teilhabe an dieser Gesellschaft und politische Partizipation zu ermöglichen“, unterstreicht der AGDF-Geschäftsführer.

Eine wichtige Funktion dabei könnten die Friedensdienste übernehmen, ist die AGDF überzeugt. „Die Friedensdienste und auch andere zivilgesellschaftliche Organisationen haben modellhafte Bildungsprogrammen und Projekte zur kommunalen Konfliktbearbeitung entwickelt, die aber wegen ihrer unzureichenden Finanzierung im Moment nur sehr eingeschränkt oder nicht fortgeführt werden können“, kritisiert Bernd Rieche, Referent der AGDF und Koordinator der AG Zivile Konfliktbearbeitung im Inland der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung.

„Von der Bundesregierung und den Ländern erwarten wir eine offene Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und anderen Vorurteilen in den staatlichen Institutionen und eine verlässliche und bedarfsgerechte Finanzierung von Programmen und Projekten der Demokratieförderung, der Konfliktbearbeitung und der politischen Bildung, und damit auch eine entsprechende Ausstattung der Programme wie ,Demokratie leben!´“, fordert Jan Gildemeister.

Dabei sei eine isolierte Förderung von Initiativen, die nur auf einzelne Phänomene wie Antisemitismus, Antiziganismus, Rechtsextremismus oder Islamismus zielen, unzureichend und müsse durch eine Förderung von integrativen und umfassenden Ansätzen, die die zugrundeliegenden Konflikte berücksichtigen und demokratisches Engagement stärken, ergänzt beziehungsweise abgelöst werden, betont der Friedensverband. „Ausreichend finanziert werden sollten auch Strukturen und Projekte, die ein Empowerment und eine gleichberechtigte Teilhabe von Minderheiten und benachteiligte Gruppen zum Ziel haben“, macht Bernd Rieche von der AGDF deutlich. Und Jan Gildemeister betont: „Hier sind nun Zivilgesellschaft und Politik herausgefordert.“

Der „erschreckende und unsägliche Angriff auf die Synagoge und den Kiez-Döner-Imbiss in Halle (Saale)“ zeige erneut, wie eng Antisemitismus und Rassismus mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zusammenhängen, erklärt die AGDF. Die Sicherheitskräfte hätten versagt, weil sie die Gefahr durch rechtsextreme Gewalt trotz NSU-Morden und anderen Anschlägen immer noch nicht ernst genug nehmen würden. „Dabei müssen sie sich auch den Problemen in ihren eigenen Reihen stellen“, mahnt Jan Gildemeister. Zugleich seien die von Bundesinnenminister Seehofer geforderten sicherheitspolitischen Instrumente und Befugnisse Großteils nicht zielgerichtet, warnt die AGDF. „Außerdem gilt: Die Polizei kann bestenfalls rechte Gewalt eindämmen, aber nicht den Rechtsextremismus an sich bekämpfen. Hierfür bedarf es einer umfassenderen Perspektive: Es geht nicht allein um Antisemitismus oder Rechtsextremismus, sondern sie sind Symptome für tief verankerte Vorurteile, Ängste und Konflikte in der ganzen Gesellschaft. Daher braucht es eine Auseinandersetzung und Handeln der gesamten Gesellschaft“, macht der AGDF-Geschäftsführer deutlich.

Dieter Junker
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