Martin-Luther-King-Zentrum für Gewaltfreiheit und Zivilcourage e.V.: Unsere Haltung zu Ihrer Flüchtlingspolitik in Deutschland

(Brief des Vorsitzenden und des Ehrenvorsitzenden des Martin-Luther-King-Zentrums an die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel)

Werdau, den 15. Okt. 2015 - Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir möchten Ihnen unsere Sympathie und Anerkennung für Ihre gegenwärtige Flüchtlings- und Asylpolitik übermitteln, die wir für couragiert, gerecht und risikobereit halten. Für Ihre Standhaftigkeit gegenüber Anfeindungen aus Teilen der Bevölkerung und von Politikern bedanken wir uns.

Ihre Haltung und Entscheidungen zu dem Flüchtlingsproblem stehen im Einklang mit den Menschenrechten und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Asyl ist Menschenrecht und deutsches Grundrecht. Wir empfinden Ihre Haltung auch als ein Element deutscher Friedenspolitik und moralischer Verpflichtung unseres Volkes aus unserer Historie heraus innerhalb der Völkergemeinschaft.

In Deutschland ist noch viel Platz für Menschen, wenn an dünn besiedelte Regionen gedacht wird, wo große Flächen brachliegen, die von Neuankömmlingen landwirtschaftlich und zur Selbstversorgung genutzt werden können. In manchen Städten, vor allem im Osten unseres Landes, gibt es einen hohen Wohnungsleerstand in nahezu intakten Plattenbausiedlungen und in Stadtzentren. Diesen Wohnraum könnte man, statt aus Steuermitteln finanzierte Abrissaktionen durchzuführen, vielen Flüchtlingen zur Nutzung anbieten.

Eine hohe Herausforderung bleiben die Flüchtlingsströme für uns, sowohl kulturell als auch finanziell. Dies kann schmerzhaft sein. Doch wir stimmen Ihnen darin zu, dass wir diese Herausforderung annehmen sollten. Das erfordert allerdings auch die Bereitschaft zum Teilen, wie wir sie als Deutsche nach dem 2. Weltkrieg aus dem Ausland selbst erfahren haben (Marshall-Plan, CRALOG und CARE) und wie es viele Bundesbürger mit ihren Westpaketen und mitgebrachten Geschenken gegenüber den materiell schlechter gestellten DDR-Bürgern praktizierten. Und wie es Deutsche gegenüber den materiell schlechter gestellten Flüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten praktizierten.

Flankiert werden sollte die Flüchtlingsaufnahme durch Deutschland sowie andere europäische und nordamerikanische Staaten unbedingt durch Abbau von Fluchtursachen in den Herkunftsländern.

Wir stellen uns eine internationale Konferenz vor, die eine Friedenslösung für Syrien zum Ziel hat. Dabei sollte auch eine vorübergehende Teilung des Landes in einen alawitisch-christlichen Teil im Westen, einen kurdischen Teil im Nordosten und einen arabisch-sunnitischen Teil im Süden erwogen werden.

Des Weiteren muss ein Ende des Waffenhandels, der immer wieder Bürgerkriege begünstigte, beschlossen werden. Wir vermuten, dass z. B. Saudi-Arabien den IS mit deutschen Waffen beliefert.

Um Wirkung zu erzielen und Probleme wirklich zu lösen, genügen nicht Absichtserklärungen und kosmetische Korrekturen. Der Dimension, der Dramatik und der Akzeleration der Entwicklung angemessen, sollten zeitnah grundlegende Entscheidungen von Tragweite getroffen werden.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen Kraft und Durchhaltevermögen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Martin Böttger ;Vorstandsvorsitzender

Georg Meusel; Gründungsinitiator und Ehrenvorsitzender