Massenflugblatt der VVN-BdA: Aufklärung über die Rolle der Bundeswehr beim militärischen Einsatz im Innern der Republik

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA, gegründet 1946,  verurteilt die Bürgerkriegsstrategie der Bundesregierung. Sie bekräftigt ihren Widerstand gegen eine Militarisierung von Politik und Gesellschaft. Sie verurteilt die Pläne zum Bundeswehreinsatz im Innern und fordert die Gewerkschaften, alle Demokratinnen und Demokraten auf, bei ihrer Opposition zum Verfassungsbruch durch den geplanten Bundeswehr-Einsatz im Inneren zu bleiben und sich aktiv einzumischen. Dem dienst ein Flugblatt, das demnächst erscheint und dessen Text wir hier vorstellen:

Bundeswehreinsätze – nun auch im Inneren

Die Bundeswehr soll noch mehr „Verantwortung“ übernehmen, im Innern wie im Äußeren. So steht es im neuen „Weißbuch zur Sicherheitspolitik“. Zu diesem Zweck werden Manöver geplant, um den gemeinsamen Einsatz der Bundeswehr und der Polizei im Innern zu üben.  Hauptsächliche Begründung für die Bundeswehr im Inneren ist der „Anti-Terrorkampf“, der gemeinsam mit der Polizei eingeübt und auch geführt werden soll. Solche Übungen fanden bereits statt, und zwar in Großmanövern von Polizei und Bundeswehr, genannt „Frankenwarte“ und „LüKEx“. Bereits im Jahr 2017 soll die Geisterstadt „Schnöggersburg“ auf dem Truppenübungsplatz Altmark/Sachsen-Anhalt als Gefechtsübungszentrum zur Erprobung des Kriegs in den Metropolen bereit stehen.

Krieg gegen den Terror im Lande?

Die unendlichen “Kriege gegen den Terror” haben weltweit die Gefahren nicht gebannt, sondern erhöht. Im Innern steht die Verfassung dieser Art von Bürgerkrieg klar entgegen: Auch der Terrorismus muss mit rechtsstaatlichen, auch polizeilichen Mitteln bekämpft werden. Das wurde sogar vom Bundesinnenministerium bestätigt, das verkündete, dass für alle erkennbaren Szenarien von Anschlägen keine Bundeswehrhilfe benötigt würde.

Es sind also andere Optionen gedacht:   Wir erinnern uns noch gut an den Einsatz der Bundeswehr gegen die Proteste aus Anlass des G 8-Gipfels in Heiligendamm im Jahr 2007. Dazu hat Bundeskanzlerin Angela Merkel schon lange entgegen der Verfassung  festgestellt: „Die Trennung von innerer und äußerer Sicherheit ist nicht mehr gegeben“.

Was sagt das Bundesverfassungsgericht?

Der Plan, das Grundgesetz entsprechend zu ändern, wurde von der Bundesregierung wieder fallengelassen: „Nicht nötig!“ Das Bundesverfassungsgericht hat das Grundgesetz uminterpretiert, um Einsätze bei „katastrophischen“ Ausmaßen z.B. angebliche terroristische Flugzeugentführungen in beschränktem Maße zuzulassen, wenn die Kanzlerin zustimmt.

Das Konzept der flächendeckenden „Zivil-Militärischen Zusammenarbeit Inneres“ und ein neues Reservistenkonzept der Bundeswehr sichern die Option auf den Bundeswehreinsatz im Innern ab.  Die ZMZ-Koordinierung erfolgt auf mittlerer und unterer Ebene. Zehntausende Reservisten sollen für derartige Bundeswehreinsätze im Inneren bereitstehen. 

Auch gegen Streikende?

In der Antwort der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 an den Bundestag schließt das Bundesverteidigungsministerium nicht aus, dass die ZMZ-Kommandos bei Demonstrationen zum Einsatz kommen. Es geht um den Militäreinsatz und Streikbruch anlässlich von Streiks im Transport-, Energie- oder Gesundheitswesen sowie bei der Müllabfuhr, heißt es.

Was sind die „Kommandostäbe“?

Es existieren seit 2006 441 militärgeführte Kommandostäbe zur Leitung von Kreis- und Landeskommandos, die innerhalb von Stunden 5000 Offiziere mobilisieren, die wiederum viele tausend  Reservisten  einbeziehen dürfen. Ein Oberstleutnant führt das Kommando über die Verwaltung, die Feuerwehr, den Technischen Hilfsdienst, die Polizei, ferner Amt für Bevölkerungsschutz und Amt für Migration und Flüchtlinge sowie Rotes Kreuz und weitere Hilfsorganisationen. 

Diese Reservistenarmee bildet den „Heimatschutz“, der kurzfristig bereitsteht, „Regionale Sicherungs- und Unterstützungskräfte der Bundeswehr“ (RSU) genannt.

Bundeswehr im Innern, das heißt Abbau der Bürgerrechte

Ausdrücklich heißt es in Bundeswehrpublikationen, die Bundeswehreinsätze im Innern dienten nicht nur der Bekämpfung von Naturkatastrophen und der Hilfe bei Unglücksfällen, sondern auch dem Kampf gegen den Terrorismus, worunter offenbar auch das Vorgehen gegen die außerparlamentarische Opposition, zu verstehen ist.  Laut „Information für die Truppe“ heißt der Kampfauftrag: Gegen „Chaosgruppen wie z.B. die Gruppe der Globalisierungsgegner“.

Was hat der Cyber-Krieg mit weiterer Militarisierung zu tun?

Mit 15.000 Soldaten und Offizieren wird aktuell eine neue Waffengattung geschaffen. Diese „Cyber-Krieger“, werden ab 2019 auch mit Kampfdrohnen ausgerüstet. Sie können sich an einer großflächigen Überwachung der Bevölkerung mit modernsten elektronischen Mitteln ebenso beteiligen, wie an der Störung lebenswichtiger Infrastrukturen im In- und Ausland.

Zum geplanten Einsatz der Bundeswehr im Innern kommt die militaristische Beeinflussung der Bevölkerung, vor allem der Jugend hinzu. In Schulen, Hochschulen und bei Jobmessen, in Arbeitsämtern und Jobcentern wird dafür geworben, junge Arbeitslose zu Soldaten zu machen. Sie geraten in eine Bundeswehr, die auch sehr rechte Kräfte in ihren Reihen hat.

Wie reagiert die VVN-BdA?

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA, gegründet 1946,  verurteilt die Bürgerkriegsstrategie. Sie bekräftigt ihren Widerstand gegen eine Militarisierung von Politik und Gesellschaft. Sie verurteilt die Pläne zum Bundeswehreinsatz im Innern und fordert die Gewerkschaften, alle Demokraten auf, bei ihrer Opposition zum Verfassungsbruch durch den geplanten Bundeswehr-Einsatz im Inneren zu bleiben und sich aktiv einzumischen.

Wir erinnern an die Rolle des Militärs in der Geschichte 1) und

wir erinnern an den Widerstand gegen die Notstandsgesetze 1968, der mit dem Kompromiss der Einführung des Widerstandsartikels 20/4 in das Grundgesetz endete. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sich entsprechend zu engagieren.

 

 

Fußnote:

  1. Die Demokratie von Weimar wurde auch durch die Wehrminister Gustav Noske (SPD) plus eine die Zivilbevölkerung bekämpfende Reichswehr 1918-1920 und die Putschisten Kapp und Lüttwitz im Jahr 1920 zerstört, weiter durch das militärische Vorgehen gegen die Ruhrarbeiter 1920, gegen die Arbeiterregierungen von Thüringen und Sachsen im Jahr 1923 und das gemeinsame Komplott von Hitler und Reichswehrführung vom 3. Februar 1933.